Letzte Woche beschwerte sich EU-Kommissionspräsident Barroso noch darüber, dass die US-amerikanischen Überwachungsbestrebungen in ein totalitäres System münden würden. Diese Woche präsentiert die EU die Ergebnisse von zwei Jahren intensiver Erforschung der europäischen Toilettengewohnheiten.
Wie immer will man in Brüssel nur das Beste für die Bürger (respektive Verbraucher) – und natürlich für die Umwelt. Für die ersteren, weil man sich immer vollumfänglich zuständig fühlt, für die letztere, weil sie durch ihre positives Öffentlichkeitsbild für so ziemlich alles herhalten darf. Es geht mal wieder darum, Wasser einzusparen. Ein allseits beliebtes Thema, denn es hört sich vernünftig an und man kann es prima mit Zahlen unterlegen. Kürzlich kümmerte man sich ja schon um den Energieverbrauch von Staubsaugern, die europäischen Duschköpfe wurden auch schon untersucht – vom Verbot herkömmlicher Glühbirnen mal ganz zu schweigen. Nun also die Toiletten.
Halbe Sachen macht man in Brüssel nicht, weshalb man schon 2011 damit begann, sich mit diesem Thema zu beschäftigen. Dabei ist man zu bahnbrechenden Erkenntnissen gelangt. Einige Beispiele:
- Bürger sitzen oft unterschiedlich auf Toiletten
- Sitze und Deckel haben nicht wirklich etwas mit der Funktion zu tun
- Sitze und Deckel werden oft auch separat vom Hauptprodukt verkauft
- Sitze und Deckel sind in vielen Varianten für den Konsumenten vorhanden
- Der Wasserverbrauch hängt von der Bauweise ab
Ausnahmsweise geht es diesmal nicht gleich um eine Regulierung, sondern vorerst nur darum, den Mitgliedstaaten die Möglichkeit zu geben, die Wasserspareigenschaften von WCs und Urinalen zu kennzeichnen. Mit 6 Litern pro Spülvorgang für einen Haufen könne man auskommen, so der 60-seitige technische Bericht (PDF) der Expertengruppe – bei Urin reiche ein halber Liter. Das mag ja sogar alles schön richtig sein, trotzdem sitzt man in Brüssel wieder Fehleinschätzungen auf.
1. Wasser kann nicht verbraucht werden
Eine Binsenweisheit, aber man kann sie scheinbar nicht oft genug wiederholen. Wasser wird genutzt, es wirklich zu verbrauchen ist äußerst schwer.
2. Die europäischen Länder sind unterschiedlich
Das will man in Brüssel ja am liebsten gar nicht hören. Diese Tatsache ist der erhofften europäischen Gesellschaft nur im Wege, aber sie lässt sich nun mal nicht einfach beseitigen. Gesellschaften entwickeln sich nicht nur aus historischen Gründen anders, sondern auch weil sie anderen Umweltbedingungen ausgesetzt sind. Die ewige Wassersparmanie mag ja noch zu Trockenregionen in südeuropäischen Ländern passen, auf den ganzen Kontinent angewandt ist sie äußerst lächerlich. Selbst in den einzelnen Ländern gibt es oft komplett unterschiedliche Niederschlagsregionen. Es bringt Spaniern nun mal herzlich wenig, wenn Deutsche auf einmal weniger Wasser für die Toilettenspülung nutzen.
Die EU kann nun mal aber von ihrem Selbstverständnis aus gar nicht anders, ihre Verfasstheit ist auf Harmonisierung angelegt, auch wenn immer mal wieder von Subsidiarität gefaselt wird.
Zu wenig Wassernutzung ist auch keine Lösung
Komplett wahnwitzig wird die ganze Sache dann, wenn man bedenkt, dass bspw. manche Gemeinden in Deutschland das Problem haben, dass nicht mehr genug Abwasser durch ihre Kanalisation fließt, um die Fäkalien abtransportieren zu können. Ausgelöst wird dies nicht nur durch Änderungen in der Bevölkerungsstruktur (Abwanderung) sondern teilweise auch durch übertriebenes Einsparen von Nutzwasser. Kanalisationen brauchen einen gewissen Wasserfluss, um funktionieren zu können. Es bringt dabei auch nichts, dann kleinere Kanalisationsquerschnitte zu fordern, nicht mal für Neubauten. Denn Kanalisationen müssen ja auch immer mal wieder mit großen Regenmassen fertig werden, für die sie ebenfalls ausgelegt sein müssen.
Auch senkt weniger Wassernutzung nicht die Preise, da die Festkosten für das Versorgungsnetz den größten Anteil daran ausmachen. Wird also wesentlich weniger Wasser genutzt, erhöht dies nur den Anteil der Festkosten am Endkundenpreis.
All dies war auch schon zu Zeiten der europäischen Duschkopfüberlegungen bekannt – in die Legionen von EU-Arbeitsgruppen, die in der Brüsseler Seifenblase residieren, dringt dies allerdings nicht vor.
Und so verwundert es auch nicht, dass zwei Jahre lang wahrscheinlich viel Geld für hoch bezahlte Experten ausgegeben wird, um das Kack- und Pissgebaren des gemeinen EU-Verbrauchers zu erforschen. Als nächstes widmet man sich wahrscheinlich den Falttechniken bei der Nutzung des Toilettenpapiers.