Wissenschaftler sind nicht nur in deutschen fiktionalen Fernsehsendungen und Texten so gut wie nicht präsent, auch in Reportagen und in Dokumentationen sucht man sich am liebsten die aus, die die eigene Meinung bestätigen oder man nimmt gleich fachfremde Personen, die vom Thema zwar auch nicht viel mehr Ahnung haben als der Zuschauer/Leser, aber durch ihren Titel wissenschaftlichen Glanz verleihen.
Wenn Sie bspw. im deutschen Fernsehen, insbesondere bei den öffentlich-rechtlichen Anstalten eine Sendung zu Themen aus den Bereichen Mathematik, Informatik, Naturwissenschaften und Technologie, den so genannten MINT-Fächern, machen wollen, oder einen Bericht zu einem Ereignis wie einer Flut oder ähnlichem bringen möchten, stehen sie schnell vor einem Problem. Sie brauchen Expertenmeinungen um die Erkenntnisse zu erklären und zu untermauern. Kurz gesagt, sie brauchen eine verlässliche und glaubwürdige Quelle/Einschätzung.
Hört sich ja auch eigentlich nicht so kompliziert an. Man sollte ja wohl einen willigen Wissenschaftler, oder noch besser eine Wissenschaftlerin, aus dem entsprechenden Fachgebiet finden können und ihn oder sie zum Thema befragen. Aber weit gefehlt, denn so einfach ist es nicht. Denn es gibt nicht nur diese eine Möglichkeit, es gibt derer drei. Ein kleines Beispiel zur Illustration wäre eine Dokumentation über den Unfall im japanischen Kernkraftwerk Fukushima Daiichi, wie sie vor nicht allzu langer Zeit etwa auf arte lief.
Option eins: Ein Kernphysiker
Klingt einleuchtend, könnte aber zu unerwünschten Ergebnissen führen. Der könnte ihnen nämlich fachlich begründet erzählen, dass die ausgetretene Strahlung vernachlässigbar ist und das es auf der Welt viele Orte gibt, die eine wesentliche höhere natürliche Strahlung aufweisen, als sie sich selbst in unmittelbarer Umgebung des Reaktors in Fukushima messen lässt. Dazu ist der gute Mann oder die gute Frau schon allein auf Grund ihrer durchlaufenen Ausbildung ganz sicher mit der Atommafia verknüpft und findet Kernkraft vielleicht gar nicht so schrecklich. Er oder sie kann also unter gar keinen Umständen als unabhängig angesehen werden, was viel wichtiger ist als Kompetenz und Fachwissen.
Option zwei: Greenpeace-Expertenmeinungen
Sie können Greenpeace auch durch eine beliebige andere Umweltschutzorganisation austauschen, Namen sind nur Schall und Rauch, genauso wie Berufsbezeichnungen. Das schöne an diesen Experten ist, dass sie höchstwahrscheinlich ihrer Meinung sein werden und auf jeden Fall auch eine Meinung haben, und zwar zu allem. Es ist dabei egal, welche Ausbildung diese Experten genossen haben, ein Dr. vor dem Namen reicht auf jeden Fall aus. Wenn Sie Glück haben, ist es sogar ein Naturwissenschaftler, Ökologe reicht auf jeden Fall. Da Greenpeace und Konsorten absolut gar keine finanziellen Interessen haben und sich durch Luft und Liebe finanzieren sind sie auch im Bereich der Unabhängigkeit auf der sicheren Seite.
Option drei: Soziologen oder andere Fachfremde
Soziologen oder Philosophen eignen sich bspw. auch hervorragend, genauso wie viele andere Geisteswissenschaftler. Sie haben zwar nicht unbedingt Ahnung von Kernphysik, aber sie können gut reden, haben eine Meinung und man kann sie prima vor einer Bücherwand drapieren. Dazu muss man sie auch nicht mal an den Ort des Geschehens bringen. Die hoch qualifizierte Analyse machen Sie aus der Ferne, sie brauchen zur ihren Aussagen nur noch die Bilder von irgendwie piependen Geigerzählern einblenden. Der Kernphysiker hätte ihnen dann nur unsinnigerweise erklären wollen, dass die gemessen Werte unbedenklich sind, was ihnen hier nicht passieren wird.