Hoher Spezialisierungsgrad
Ja, es gibt mittlerweile Betriebe, die sich bspw. einzig und allein auf die Mast von Schweinen spezialisiert haben. Was daran nun schlimm sein soll erschließt sich allerdings nicht. Dem Schwein wird es egal sein, ob sein Futter vom eigenen Hof kommt oder vom Nachbarn oder aus der Ukraine. Es widerspricht lediglich dem romantisierten Bild einer guten, bäuerlichen Landwirtschaft in der möglichst alles von der eigenen Scholle stammt und ein Betrieb die komplette Bandbreite der Produkte herstellt. Das Klischeebild von Hühnern auf dem Hof, Schweinen im Stall, ein paar Kühen auf der Wiese und rundherum wiegt das Getreide im Wind. Es gibt solche Betriebe natürlich noch und es ist die Entscheidung des jeweiligen Bauern, ob er sich spezialisieren oder doch breit aufstellen will. Nicht jeder Betriebsleiter hat Lust, die komplette Spanne zu bewirtschaften, manche interessieren sich bspw. eher für Milchvieh und finden Schweinemast langweilig. Oder sie sehen in ihrem Zweig ein besseres Auskommen als in anderen.
Hoher Kapitaleinsatz
Auch dies wird eher von der romantisierten Vorstellung von kleinen Bauernhöfen und Bauern in Gummistiefeln samt Mistgabel in der Hand geprägt. Viele moderne, tiergerechtere Haltungsformen sind nur durch hohen Kapitaleinsatz in die Infrastruktur möglich. Boxenlaufställe für Milchkühe samt Melkroboter verlangen nach hohen Investitionen und halten deshalb auf großen Betrieben eher Einzug, während Kleinstbetriebe noch lange an der alten Anbindehaltung festhielten.
Dazu kommen immer weiter erhöhte Auflagen, die weitere Investitionen nötig machen. Kleinbetriebe lassen sich so meist nur noch in speziellen Nischen betreiben, die aber oftmals nur so lange wirtschaftlich funktionieren, wie sie nicht von zu vielen Marktteilnehmern besetzt werden.
Standardisierte Massenproduktion
Nahrungsmittel lassen sich bisher wohl nur unter Laborbedingungen wirklich standardisiert herstellen. Das, was als standardisiertes Massenprodukt erscheint, ist Ergebnis von Lieferketten und Auswahlverfahren für den Handel. Dies findet seine Ursache allerdings nicht in der modernen Landwirtschaftsform sondern im Kaufverhalten des Kunden. Dieses führt dazu, dass unförmige Möhren aussortiert werden, weil sie sonst immer im Supermarktregal übrig bleiben würden. Man kann der Nahrungsmittelindustrie zwar den Vorwurf machen, sie würde zu viel weg schmeißen, nur orientiert die sich auch am Kundenverhalten.
Ungesunde Lebensmittel
Sobald ein neuer Lebensmittelskandal in den Medien auftaucht machen sich die üblichen Verdächtigen aus dem ökoindustriellen Komplex daran, die Gründe dafür in er industriellen, also modernen, Landwirtschaft zu verorten. Dabei lässt sich bspw. über die Sinnhaftigkeit vieler Grenzwerte streiten. Auch sind viele Gifte natürlicher Bestandteil des ökologischen Kreislaufs.
Der große Gammelfleischskandal hatte nichts mit der Landwirtschaft zu tun, seine Ursachen lagen in kriminellen Handlungen anderer Marktteilnehmer. Auch der so genannte Pferdefleischskandal war eine falsche Deklarierung, aber beileibe kein gefährlicher Lebensmittelskandal.
Die in Futtermais gefundenen Aflatoxine sind Schimmelpilze die heute nur noch selten entdeckt werden, weil moderne Lagermethoden die Gefahr für einen solchen Befall verhindern. Darüber hinaus wurden sie vom Bundesinstitut für Risikobewertung als nicht gefährlich eingestuft, was in den Medien allerdings größtenteils unerwähnt blieb und zu einer grünen Forderung führte, Einfluss auf die Ergebnisse des Instituts zu nehmen.
Die HUS-Epidemie 2011 mit 53 Toten und 855 Erkrankten wurde hingegen von Bio-Sprossen ausgelöst. Auch viele andere Skandale wurden vor allem von umdeklarierten Biolebensmitteln ausgelöst und hängen nicht mit der modernen Landwirtschaft zusammen.
Moderne Produktions-, Verarbeitungs- und Lagerverfahren haben vielmehr dazu geführt, dass die Gefahren durch verunreinigte Lebensmittel immer weiter abgenommen haben. Gerade die moderne Landwirtschaft hat dazu geführt, dass niemand mehr wirklich Angst vor vergifteten Lebensmitteln haben muss. Was früher noch zum normalen Lebensrisiko zählte ist heute dermaßen selten, dass sich daraus gleich Skandale entwickeln lassen. Vor diesem Hintergrund ist die moderne Landwirtschaft teilweise Opfer ihres eigenen Erfolgs geworden.
Landwirtschaft bleibt Landwirtschaft
Ob ein Betrieb nun groß oder klein ist, ein Bauer bleibt ein Bauer. Er baut an, er bewirtschaftet sein Land und sein Vieh. Industrielle Landwirtschaft ist lediglich ein Kampfbegriff um die Deutungshoheit beim geplanten grünen Umbau der Landwirtschaft zu erreichen.
Zeitgleich mit der Industrialisierung begann zwar auch der Einsatz ihrer maschinellen und chemischen Hilfsmittel in der Landwirtschaft, aber gerade diese grüne Revolution hat zu einer hohen Versorgung mit Lebensmitteln geführt und einen wesentlichen Beitrag zur heutigen hohen Lebenserwartung geleistet. Ob der Bauer nun mit dem Traktor oder dem Ochsen den Acker pflügt, er bleibt immer Abhängig von der Natur und ihren Zyklen. Er bleibt Bauer..