Digitale Nationalparks, analoges Naturerbe

Digitale Nationalparks, analoges Naturerbe

Im Blog von Technology Review macht sich Peter Glaser Gedanken darüber, ob man die letzten Funklöcher Europas nicht unter Naturschutz stellen sollte. Natürlich ist das kolumnenhaft und wohl nicht sonderlich ernst gemeint. Aber solch ein Gedanke kann auch nur bei jemandem entstehen, der sein Leben in Großstädten zugebracht hat und nun auf einmal das Gefühl hat, dass man das voll digitalisierte Leben wieder etwas entschleunigen muss. Am besten dort, wo die Tannen so schön im Winde wogen.

Ähnlich den Städtern, Ministerialbeamten und sonstigen Theoretikern, die es so progessiv finden, einen neuen Nationalpark nach dem anderen zu fodern, den heimischen Garten aber mit übermäßig viel Chemie von unerwünschten Pflanzen frei halten.

So wie Nationalparks ja auch nicht dort entstehen, wo sie meist gefordert werden, nämlich in den Städten, wünschen sich die moderaten Maschinenstürmer technikfreie Zonen. Am einfachsten natürlich dort, wo die Technik noch nicht so recht angekommen ist, und wo man selber nur im Urlaub hin fährt. Irgendwo in der Provinz. Den Menschen in den analogen Freilichmuseen der Postmoderne werden dann wahrscheinlich wieder große Touristenströme versprochen, als Ausgleich dafür, dass sie ihre Region nicht weiter entwickeln können. Interessiert hört man sich dann die Geschichten aus der guten alten Zeit an, um sie zu Hause dann sogleich über die Glasfaseranbindung in alle Welt zu verteilen.

Die Menschen in den Gebieten, in denen in Deutschland Nationalparks eingerichtet wurden waren in den seltensten Fällen dafür. Geködert wurden sie mit Fördermitteln und dem Versprechen, in Zukunft, irgendwann einmal, vom Toursimus noch besser leben zu können als schon zuvor. Nirgends haben sich diese Versprechen bisher erfüllt. Alle Nationalparks bleiben Zuschussprojekte, die zusätzlich auch noch die angestammte Bevölkerung aus dem Wald ausschließen und sie in der eigenen Heimat zu Besuchern degradieren.

Die Idee mit den ach so romantischen und naturbelassenen Funklöchern entspringt einer ähnlichen Ideologie, die sowohl die Vergangenheit als auch insbesondere das Leben auf dem Land verklärt. Ganz zurück will man ja auch nicht, aber gucken wäre ja mal ganz schön. Das in den immer noch mit schnellen Internetanschlüssen unterversorgten Gebieten so gut wie alle nach mehr Leistung dürsten spielt da keine Rolle. Man kann sich ja statt dessen an der schönen Natur und der entschleunigten digitalen Postmoderne erfreuen.

Dabei wäre alles so einfach. Man müsste gar nicht ideologisch in der deutschen Provinz rumwüten und sie unter dem Deckmantel von Kultur-, Natur- und sonstigen Erben drangsalieren, um sich im Urlaub ein gutes Gewissen zu schaffen. Einfach mal das Telefon ausgeschaltet lassen – und den eigenen Garten zum Urwald verkommen lassen..