Alljährlich wird in Aachen der Karlspreis an Personen und Organisationen vergeben, die sich besonders um die Europäische Einigung verdient gemacht haben. Benannt ist der Preis nach Karl dem Großen, der als erster Einiger Europas gilt. Schaut man sich Karls Verdienste um die erste Einigung Europas an, so war Europa schon immer ein Elitenprojekt. In seinen Kriegen gegen die Sachsen erwarb er sich den Beinahmen Sachsenschlächter und seine Zwangschristianisierung der Sachsen, um sie administrativ besser in das fränkische/europäische Reich einbinden zu können, war selbst der Katholischen e nicht ganz geheuer.
Während der Widerstand auf Seiten der Sachsen vor allem von der niederen Landbevölkerung getragen wurde, sympathisierten sächsische Adlige gleichzeitig mit Karls Sache. Sie erkannten, dass es sich mit Hilfe fränkischer und katholischer Reichsverwaltung viel einfacher in den zersplitterten Stammesverbünden durchregieren ließ. Nur ein paar Unverbesserliche wie Widukind wollten sich sächsische Traditionen, Riten und Eigenheiten, und auch eigene Macht, erhalten. Das Ende der Geschichte ist bekannt. Nach 32 blutreichen Jahren hatte Karl die Sachsen endgültig unterworfen und ein neues Großreich geschaffen, welches 843 n. Chr. aber schon wieder zerbrach. So berufen sich heute Deutsche und Franzosen gleichsam bei den Anfängen ihrer Nationalgeschichte auf Karl den Großen.
Die heutige Politik und Verfasstheit der Europäischen Union, die manche Politiker am liebsten zu Vereinigten Staaten von Europa weiterentwickeln würden, ist vom obrigkeitsstaatlichen Ansatz Karls des Großen gar nicht so weit entfernt. War die von den Griechen 1200 Jahre vor Karl dem Großen entwickelte Demokratie im Mittelalter wieder in Vergessenheit geraten, so wird sie auch in der heutigen Europäischen Union eher als hinderlich angesehen, und gilt bei vielen als alternativlos dargestellten Entscheidungen gemeinhin als überflüssig bis lästig.
Mit dem Mantra von der angeblich so komplexen Welt wird aktiv an der Unterminierung der Nationalstaaten gearbeitet, die bisher das Fundament der Demokratie bildeten. Will man, wie einst Karl der Große, weitreichende Projekte verwirklichen, so gilt es zuerst einmal, die Nationen als Bollwerke der Demokratie zu schleifen, um deren Kompetenzen auf supranationale Einrichtungen zu übertragen, bei denen Demokratie dank Alternativlosigkeit zu reiner Folklore verkommt.
Nicht umsonst betrieben die demokratischen Revolutionäre des 19. Jahrhunderts aktiv die Errichtung von Nationalstaaten, und nicht umsonst waren Monarchisten wie Bismarck und die gekrönten Häupter große Gegner der Nationalstaatsidee, der sie sich nur widerwillig ergaben.
So wie Karls Reich fehlt auch der Europäischen Union vor allem ein Staatsvolk. Staatsgebiet und Staatsgewalt, die anderen beiden Elemente eines Staates im völkerrechtlichen Sinne, lassen sich noch relativ einfach auf supranationaler Ebene verwirklichen. Ein Staatsvolk, welches sich aber vor allem ethnisch und kulturell definiert, und nicht bloß durch die Tatsache, eine bestimmte Landmasse zu bewohnen, lässt sich nicht so einfach herbei reden.
Über die Unterschiedlichkeit der Völker wird bei europäischen Überzeugungstätern gerne hinweggesehen, Nationalität ist für sie bloße Folklore. Das ewige Reden von Einheit in Vielfalt beschränkt Unterschiede vor allem auf den Austausch von Rezepten und Volkstänzen, alles andere hat sich der Ideologie des Vereinten Europas unterzuordnen. Dabei sind die jetzt aufbrechenden großen Verwerfungen in der EU gerade auf die Unterschiedlichkeit der Völker zurückzuführen, die man nicht einfach per Verordnung zu einem einzigen Volk machen kann – höchstens auf dem Papier. So sind Griechen nun mal Griechen, Deutsche nun mal Deutsche, Franzosen nun mal Franzosen, usw. – was alles gar nicht schlimm ist, so lange man sie mit all ihren Eigenheiten nicht zusammen in einen Käfig einpfercht
In völkischen Kontexten kam Anfang des 20. Jahrhunderts die Idee vom Volk als Schicksalsgemeinschaft auf, die auch von den Nationalsozialisten übernommen wurde. Interessanterweise ist diese Idee mittlerweile auch bei Europäischen Eliten wieder beliebt. So ist die Währungsunion für Bundeskanzlerin Merkel eine Schicksalsgemeinschaft.
Soll hier über die Krise eine gemeinsame Identität gestiftet werden? Der Schuss kann nur, total alternativlos, nach Hinten los gehen, so wie auch die lächerliche Krieg-oder-Frieden-Metaphorik im Eurosprech. So begründeten schon die Römer ihre Eroberungszüge mit der „Befriedung“ der eroberten Gebiete. Den Menschen muss geholfen werden, ob sie wollen oder nicht.
Willkommen im Heiligen Europäischen Reich entrechteter Nationen..