In der Linux-Gemeinde spielt sich ein neues Drama ab. Nachdem Nutzer von openSUSE 11.2 auf offizielle Unterstützung für KDE3 verzichten müssen, hat es nun die Ubuntu-Gemeinde erwischt. Dort hat man nämlich dreisterweise entschieden, GIMP aus der Standardinstallation für das kommende Ubuntu 10.04 zu entfernen. Damit nicht genug, hat bei der Begründung für diesen Schritt der Beelzebub leibhaftig die Feder geführt. Denn GIMP soll durch F-Spot ersetzt werden, das auf der Höllenmaschine Mono basiert.
Die Ubuntu-Macher begründen ihren Schritt damit, dass GIMP für die meisten Nutzer zu überfrachtet und kompliziert sei. Der Durchschnittsnutzer (wie auch immer der aussehen mag) verlange aber lediglich nach einer Bilderverwaltung mit ein paar Grundfunktionen zur Bildnachbearbeitung. Mit dieser Einschätzung könnten sie durchaus richtig liegen, wobei sie wohl nicht empirisch belegt ist. Ich kann dazu aus eigener Erfahrung nur sagen, dass die wenigsten „normalen“ Nutzer, die ich kenne, eine Bildbearbeitung nutzen. Die meisten kopieren die Bilder einfach auf ihren PC und nutzen meist nicht mal eine Bilderverwaltung. Wenn Sie etwas nachbearbeiten wollen, nutzen sie die spärlichen Funktionen ihres Bildbetrachters oder der Bilderverwaltung. Aber das sind – wie gesagt – nur subjektive Erfahrungen. Den meisten Nutzern scheint es jedenfalls zu reichen. Die Entwickler der Distribution wollen mit diesem Schritt auch Platz auf den Installations-CDs einsparen, der auch für oben genannte Mono-Umgebung genutzt werden soll.
Über den Sinn dieser Maßnahme lässt sich vortrefflich streiten. Sollte ein Vorzeigeprogramm wie GIMP nicht auf jeden Fall in der Standardinstallation enthalten sein? Geht die Vereinfachung der Distribution, die sich Einfachheit zum Motto gemacht hat, damit nicht einen Schritt zu weit? Es ist ja nicht so, dass GIMP komplett aus der Distribution verschwindet, denn es lässt sich natürlich weiterhin problemlos über die Paketverwaltung nachinstallieren. Was an den Diskussionen über dieses Thema aber besonders auffällt, ist der teilweise abgrundtiefe Hass, der Mono entgegenschlägt. Nicht nur, dass es hauptsächlich von Novell voran getrieben wird, die mit dem Teufel (=Microsoft) Verträge haben; nein, es implementiert ja auch eine von Microsoft stammende Technik unter GNU/Linux.
Sollte man über Software moralisch urteilen? Software ist ein Werkzeug, moralisch bewertbar ist das, was mit einem Werkzeug von Menschen erstellt wird. Der Mensch kann moralisch handeln, ein Werkzeug ist ein totes Objekt ohne jede Moral. Der Hass auf und die Angst vor Microsoft-Techniken speisen sich auch aus Verschwörungstheorien, die im Internet weit verbreitet sind. Die Firma aus Redmond ist zwar kein Unschuldslamm, was die Geschäftspraktiken angeht, aber gleich alles zu verteufeln was von dort kommt ist auch keine Lösung. Die Argumente gegen Microsoft gleichen manchmal den Äußerungen von kleinen Kindern die auf den Boden stampfen und schreien: „Nein, ich will nicht!“ Software sollte durch die Funktionen überzeugen, nicht durch die Einstellung ihrer Macher. Es ist mir auch reichlich egal, was Linus Torvalds so privat treibt, genauso wenig wie es mich interessiert, ob Hans Reiser seine Frau umbringt. Man sollte „Werk“ und „Künstler“ trennen. Worte und Werke sind ja schließlich nicht für das Verhalten ihrer Erschaffer verantwortlich.
Nebenbei: openSUSE 11.2 bringt GIMP auch auf den Live-CDs in der Standardinstallation mit. Und ich nutze openSUSE/Linux, weil ich es für das bessere System halte, und nicht weil ich Microsoft hasse..